Von Geduld leider nur wenig
genetisch veranlagt, wollte ich dennoch unbedingt meine neu gewonnene Energie
sofort für weitere Dinge einsetzen, die sich positiv auf mein Gemüt hätten
auswirken können. Als erstes entschied ich mich für einen simplen Coiffeurbesuch.
So zu sagen, als Zeichen meiner inneren Veränderung, schien es mir angebracht,
diese auch äußerlich festzuhalten. Ich habe meine Tochter dazu überredet mit zu
kommen, was anfänglich nicht so leicht war, doch als ich ihr ebenfalls einen
lässigen Schnitt und viel Pflege für ihr Haar versprach, willigte sie schliesslich grinsend
ein. Sie war so zufrieden auf dem viel zu grossen Sessel vor dem noch viel
grösseren Spiegel, während eine Coiffeuse ihre Kopfhaut massierte. Wie eine
kleine Lady kam sie mir vor, die ihr Gemütszustand voll auszukosten wusste.
Dieser Anblick hat mich berührt. Manchmal braucht es eben nur wenig,
um viel zu erreichen und ich war stolz, dass meine Tochter das scheinbar genau
so empfand.
Ich suchte mir ein neues Hobby.
Sport hat mich immer ausgeglichen, doch seit dem Marathon in London, macht mir
das linke Knie einen Strich durch die Rechnung. Also entschloss ich mich dazu; ein Rennrad zu kaufen. Ein wunderbares, schönes Bike, welches sehr rasch zu
einem neuen aber festen Bestandteil meiner Freizeit wurde. Die erste sportliche
Betätigung zu der ich meinen Körper aufbringen konnte. Ich fühlte mich gut. Schon
seit langem konnte ich meinen Körper nicht mehr so spühren. Da waren sie doch,
die Muskel, welche ich bereits vergessen habe, dass sie existieren. Ein kleiner
Erfolg den ich genoss und mir bestätigte, dass ich langsam wieder zu Kräften
gekommen bin. Diese sportliche Leistung galt es dann weiter auszubauen. So fing
ich an Strecken rauszusuchen, immer anspruchsvollere und weitere Distanzen. Bis
zu sieben Stunden war ich manchmal auf dem Rad, quer durch das ganze Baselbiet.
Ich fuhr über jenste Pässe. Das Gefühl oben angekommen zu sein und danach mit
ca 60km/h den Berg runter zu radeln, war einfach eine unschlagbare Sensation.
Diese Freiheit nach zu empfinden, kann ich Jedem nur empfehlen.
Weiter meldete ich mich bei einer
Immobilienverkaufsschulung an. Ich lernte viele neue Leute kennen, eine
durchaus witzige Bande, die mich immer unterhält aber auch entsprechend
fordert. Vieles hat sich dadurch positiv
verändert. Vom Kleiderstyle bis zum wachsenden Selbstwert, der durch gesunde
Anerkennung ausgezeichnet wird. Der Erfolg motiviert mich und die Flexibilität,
lässt dem Leben mehr Freiraum. Ich mag diese Arbeit und wollte sie nachdem ich
meinen ehemaligen Traumberuf als Journalistin aufgegenen hatte, schon immer
verrichten. Man braucht Mut, um auf die unterschiedlichsten Menschen zu zu
gehen. Hinter jedem Verkauf steckt eine andere, spannende Geschichte und das
wachsende Netzwerk öffnet einem immer wieder neue Horizonte. So habe ich eines
Tages auch ein Shooting zugesprochen bekommen, welches mir eine wunderbare
Wohnung offenbart hat. Direkt am Wasser, ich liebe das Wasser... Ein unter Denkmalschutz stehendes
Bauernhaus, welches bis auf die Grundmauern herunter gerissen und neu erbaut
wurde. Keine Wand scheint darin gerade zu stehen, keine Ecke, die einen Winkel
von 45 Grad aufbringen mag. Grosse, offene Räume, in denen alte Balken wieder
eingearbeitet wurden. Sie war einfach wie geschaffen für uns! Ein kleiner Teil
des Schlossgartens, der zur Nutzung einlädt.… In einem kleineren Dorf das seine
Geschichte in der Architektur festhält und von Menschen bewohnt wird, die für
einander einstehen und sich respektieren. Ich entschied mich kurzer Hand, das Mandat
abzusagen und die Gelegenheit beim Schopf zu packen. Wir zogen 3 Monate später
ein und fühlen uns sehr wohl. Hier konnten wir unser Leben neu nach unseren Bedürfnissen gestalten. Dieser Schritt
nach einer räumlichen Veränderung war überreif für mich und meine ersehnte
Unabhängigkeit!
Da ist er wieder, der Link des vorgeschrieben Lebens. Es kommt eben doch immer so wie es sein soll und das ist offensichtlich nicht nur schlecht!
Da ist er wieder, der Link des vorgeschrieben Lebens. Es kommt eben doch immer so wie es sein soll und das ist offensichtlich nicht nur schlecht!
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