11 September 2013

Aufbruch aus der Mittelmässigkeit



Die erste Woche zu Hause war dann effektiv nochmals eine Katastrophe. Noch immer musste ich mein Blut regelmäßig untersuchen lassen und der Alltag, der mir nun zwar dreifach soviel Zeit zur Verfügung stellte, ich ihr aber dennoch sichtlich hinterher hinkte, schien mich plötzlich etwas zu überfordern. Das war neu für mich und ich ärgerte mich wahnsinnig über diese Tatsache. Eine aussergewöhnliche Müdigkeit verfolgte mich den ganzen Tag und zwangen mich dazu, immer mal wieder bewusste Pausen einzulegen, obschon ich ja voran kommen wollte. Ich hätte viel zu tun gehabt, schließlich war ich dabei mein Leben komplett neu aufzumischen. Wieder war Geduld gefragt, was absolut nicht zu meinen Stärken zählt. Es schien so, als ob ich meine Lektion noch immer nicht ganz gelernt hätte. Ich wurde wie geführt von irgendwas, von irgendwoher. Ich kann es nicht richtig beschreiben. Manchmal war es sogar etwas unheimlich, doch ich liess es einfach zu, ohne es weiter zu hinterfragen. Nahm mir also die Pausen, wenn ich sie brauchte, plante mir mehr Zeit für die einzelnen Dinge ein und war am Abend zufrieden mit dem, was ich eben geschafft hatte. Ich meine vor ein paar Wochen war ich noch zu viel weniger im Stande, da war es wohl naiv zu glauben; ich könne sofort wieder volle Leistung bringen. Ich war zufrieden mit mir und fing an, alles etwas bewusster zu machen. Hörte teilweise Musik zu dem was ich tat. Da überkam mich beim Fensterputzen plötzlich eine völlig unerwartete Euphorie. Ich mochte es nie Fenster zu reinigen aber diesmal war es schlichtweg genial. Ich tanzte und drehte den Lappen im Kreis zum Rhythmus der Musik. Zwischendurch warf ich ihn in die Luft, schnipste mit den Fingern und fing ihn wieder auf, ich sang so laut mit (obwohl ich die Hälfte des Textes nicht kannte), als ob mich Niemand hören würde, obwohl ich mir sicher war, gehört zu werden. So lange sich jedoch Keiner beschwerte, genoss ich meinen ersten Schub purer Lebensfreude in vollen Zügen. Ja, das war ich, wie hatte ich solche Gefühle nur vermisst!

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