Die erste Woche zu Hause war dann
effektiv nochmals eine Katastrophe. Noch immer musste ich mein Blut regelmäßig
untersuchen lassen und der Alltag, der mir nun zwar dreifach soviel Zeit zur
Verfügung stellte, ich ihr aber dennoch sichtlich hinterher hinkte, schien mich
plötzlich etwas zu überfordern. Das war neu für mich und ich ärgerte mich wahnsinnig
über diese Tatsache. Eine aussergewöhnliche Müdigkeit verfolgte mich den ganzen
Tag und zwangen mich dazu, immer mal wieder bewusste Pausen einzulegen, obschon
ich ja voran kommen wollte. Ich hätte viel zu tun gehabt, schließlich war ich
dabei mein Leben komplett neu aufzumischen. Wieder war Geduld gefragt, was
absolut nicht zu meinen Stärken zählt. Es schien so, als ob ich meine Lektion
noch immer nicht ganz gelernt hätte. Ich wurde wie geführt von irgendwas, von irgendwoher.
Ich kann es nicht richtig beschreiben. Manchmal war es sogar etwas unheimlich, doch ich liess es
einfach zu, ohne es weiter zu hinterfragen. Nahm mir also die Pausen, wenn ich
sie brauchte, plante mir mehr Zeit für die einzelnen Dinge ein und war am Abend
zufrieden mit dem, was ich eben geschafft hatte. Ich meine vor ein paar Wochen
war ich noch zu viel weniger im Stande, da war es wohl naiv zu glauben; ich
könne sofort wieder volle Leistung bringen. Ich war zufrieden mit mir und fing
an, alles etwas bewusster zu machen. Hörte teilweise Musik zu dem was ich tat.
Da überkam mich beim Fensterputzen plötzlich eine völlig unerwartete Euphorie.
Ich mochte es nie Fenster zu reinigen aber diesmal war
es schlichtweg genial. Ich tanzte und drehte den Lappen im Kreis zum Rhythmus
der Musik. Zwischendurch warf ich ihn in die Luft, schnipste mit den Fingern
und fing ihn wieder auf, ich sang so laut mit (obwohl ich die Hälfte des Textes
nicht kannte), als ob mich Niemand hören würde, obwohl ich mir sicher war,
gehört zu werden. So lange sich jedoch Keiner beschwerte, genoss ich meinen ersten
Schub purer Lebensfreude in vollen Zügen. Ja, das war ich, wie hatte ich solche
Gefühle nur vermisst!
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